Ich verstehe nicht warum ich immer so früh aufwache, wenn ich eigentlich nichts
zu tun habe. Naja egal, ist eben so. Nach der Morgenwäsche und dem Frühstück
fahre ich mit meinem Fahrrad in die Stadt zur Postbank. Die Verwaltung hat mir
einen Brief mit einem Formular geschickt, dass ich dort ausgefüllt wieder
abgeben muss. Die Sachbearbeiterin erinnert sich zum Glück noch an mich und so
muss ich nicht erst versuche mich auf japanisch verständlich zu machen. Ich
dachte immer Deutschlands Beamte sind pingelig, aber Japan toppt das glaube ich
noch. Das Problem mit dem Formular war, dass ich beim ersten mal ausfüllen, als
ich mein Konto eröffnet habe, das K von Benedikt leicht über die Umrandung des
Formulars geschrieben habe. Als das erledigt ist, überweise ich noch die Miete
für diesen Monat und mache mich auf den Weg zurück ins Wohnheim.
Heute wäre ich beinahe zu spät zum wöchentlichen Arbeitsgruppentreffen gekommen.
War doch ziemlich spät gestern. So langsam fühle ich auch was von meinem
Heuschnupfen. Das Graß rund ums Haus ist bald 30 cm hoch und steht kurz vor der
Blüte. Mal sehen wie schlimm es wird.
Im wöchentlichen Treffen stehen 4 Vorträge auf dem Programm. Eigentlich sollen
alle versuchen in Englisch vorzutragen, aber heute gibt es bis auf den letzten
Vortrag nur Japanisch. Der erste stellt seine Arbeit an einem Dialog basierten
Make-Up System für visuell beeinträchtigte Personen vor. Das Gerät sieht aus wie
ein Spiegel über dem eine Kamera hängt. Es werden Fotos vom Gesicht gemacht,
während LEDs am Rand ihre Farbe wechseln. Mit Hilfe der verschiedenfarbigen
Fotos kann das System dann die Verteilung und Sauberkeit des aufgetragenen
Make-Ups bewerten. Der zweite Vortragende berichtet über seine Versuche mit
verschiedenen Elektroden um eine Unterarmprothese mit Muskelsignalen des
Oberarms zu steuern. Mehr hab ich davon leider nicht verstanden. Nach einer
kurzen Pause, in der ich endlich frühstücke, geht es mit den anderen beiden
Vorträgen weiter. Der dritte Vortrag ist über einen Roboter mit dem man in einem
festgelegten Spielfeld fangen spielen kann. Der Roboter verfolgt die Spieler im
Spielfeld und bekommt von zwei, neben dem Spielfeld aufgestellten, Kameras
Informationen über die eigene Position und die aller Spieler im Feld. Die
Spieler im Beispielvideo scheinen großen Spaß zu haben :D Den letzten Vortrag
hält Joana, die eine Veröffentlichungen über spielerische Gesundheitschecks bei
Kindern vorstellt. Die Autoren nutzen drei mit Sensoren ausgestattete Würfel auf
deren Seiten Bilder zur Geschichte der drei kleinen Schweinchen gedruckt sind.
Die Würfel sind in die Geschichte integriert und so muss das Kind zum Beispiel
in einen Sensor pusten, wenn der Wolf die Hütten wegpustet oder den Würfel fest
drücken, wenn sich die drei Schweinchen vor Angst festhalten. So können
verschiedene Gesundheitsdaten, wie zum Beispiel das Lungenvolumen, die
Temperatur, der Puls und der Sauerstoffgehalt im Blut der Kinder erfasst werden.
Beim Vergleich dieser Untersuchung mit einer konventionellen Untersuchung beim
Arzt zeigte sich, dass die Kinder entspannter sind und aktiver an der
Untersuchung teilnehmen. Pünktlich um halb 12 sind wir fertig und können alle
zum Mittagessen gehen.
Heute ist Sonntag. Leider muss ich trotzdem zur Uni. Das Empowerment Programm
hat heute Tag der offenen Tür und die Studenten wurden gebeten von 10 bis 4 Uhr
anwesend zu sein. Nachdem ich schon ein paar mal in den Räumen war, kenne ich
vieles schon. Da gibt es unter Anderem eine Roboterplattform, mit der man einen
Eindtuck davon erhalten soll, wie es ist 6 Meter groß zu sein.
Dann ist da noch das Bionic Scope. Ein Gruppe von 4 Studenten hat eine
Digitalkamera auf Augenhöhe montiert und steuert deren Zoom mit Muskelsignalen
aus dem Gesicht. Durch das zusammenbeißen der Zähne wird der Zoom aktiviert.
Kneift man beide Augen kurz zusammen, fährt das Objektiv wieder zurück in den
Ausgangszustand. Als zusätzliche Spielerei läuft noch eine Gesichtserkennung
mit, so dass alle Gesichter im Bild durch einen Kreis hervorgehoben werden.
Als ich auf meine Uhr schaue ist es erst 5:20 Uhr. Es ist schon hell draußen und
ich habe sehr gut auf dem Futon geschlafen, aber ich bin von dem vielen Laufen
gestern noch zu müde um aufzustehen, also drehe ich mich wieder um. Um kurz
nach 8 Uhr war ich dann endgültig wach. Aufstehen, frühstücken und duschen. Falk
muss zu seiner Arbeitsgruppe. Seine Kollegen haben ihn heute zum Grillen
eingeladen. Ich mache mich derweil in der Metro auf den Weg nach Akihabara. Die
meisten Haltestellen haben diesen Zaun, damit niemand aus Versehen auf die
Gleise stürzt oder gestürzt wird.
Heute fahre ich Falk in Tokyo besuchen. Wir wollen zusammen die Stadt erkunden.
Um 8 Uhr fahre ich mit dem Fahrrad zum Bahnhof und nehme den Express nach Tokyo.
Als ich um halb 10 bei ihm ankomme, zeigt er mir seine Wohnung. Die Wohnung
liegt im 2. Stock eines U-förmigen Mehrfamilienhauses. Obwohl eine größere
Straße nur 250 Meter entfernt liegt, höre ich keinen Verkehrslärm. Klar, es ist
Feiertag, aber da waren doch einige Autos und Kleinlastwagen unterwegs als ich
von der Station zu ihm gelaufen bin. Das Geheimnis ist Flüsterasphalt. Ähnlich
dem auf deutschen Autobahnen, aber noch besser. Liegt aber vielleicht auch daran,
dass ich auf der Autobahn noch nicht mit nur 50 km/h über den Flüsterasphalt
gefahren bin. Allerdings sieht der Asphalt in Tokyo auch anders aus. Als ob die
letzte Schicht aus grauer Farbe besteht. Vielleicht ist das das Geheimnis? Egal,
genug vom Asphalt.
Der Tag beginnt wieder sehr langsam. Um 14 Uhr gehe ich draußen spazieren, um
zu sehen ob der Gebrauchtwarenladen um die Ecke auf hat. Ja, hat er. Aber die
Fahrräder da sind recht alte Esel. Ich gehe weiter ins Stadtzentrum. In Aeon
Einkaufszentrum gibt es eine Abteilung mit Fahrrädern. Nachdem ich 3 mal alle
Räder abgelaufen bin und 3 Kandidaten ausgeschaut habe, vergleiche ich Sattel,
Griffe, Gangschaltung und Korbgröße. Zu teuer soll es nicht werden, aber zu sehr
sparen sollte ich auch nicht. Immerhin werde ich es die nächsten 3 Jahre lang
fast täglich nutzen. Am Ende wird es ein rotes Herrenrad mit 6 Gängen. Der Preis
liegt inklusive 3 Jahren Versicherung gegen Sach- und Personenschäden, sowie
Diebstahl bei umgerechnet 200 Euro.
Das spät Aufstehen wird langsam zur Gewohnheit. Daran muss ich dringend
arbeiten. Heute ist das okay. Schließlich ist der Tag ein offizieller Feiertag.
Mein einziger Tagesordnungspunkt heute ist, dass ich nochmal in den Large Space
an der Uni gehe und mir Programmcode von den letzten Jahren als Beispiele hole.
Damit ich einen groben Überblick bekomme, wie man ein Programm für den Virtual
Reality Raum schreibt. Zur Erinnerung hier nochmal ein Foto aus einer anderen
Perspektive.
Heute Morgen war ich wieder faul. Bin um 7 aufgewacht und hab 3 Folgen von einer
Anime Serie geschaut. Danach war ich duschen und hab gefrühstückt. Um halb 10
hab ich mich auf den Weg zum Kashiwanoha Campus gemacht. Ich bin mit Ayako zum
Sushi essen verabredet. Ayako hat den ganzen Papierkram bei der Bewerbung an der
Uni gehändelt und mir alle Fragen beantwortet. Ich habe ihr eine Kleinigkeit aus
Deutschland als Dankeschön mitgebracht. Die Fahrt mit dem Zug dauert eine halbe
Stunde. Dann laufe ich eine halbe Stunde, weil ich mir mit den Bussen nicht ganz
sicher bin. Ist aber bei dem klasse Wetter kein Problem. Ich finde Ayakos Büro
auf Anhieb. Auf dem Weg zu dem Sushi Restaurant erzählt sie mir, dass sie dort
heute zum ersten Mal essen geht. Ich schätze mal, dass sie sich sonst immer was
von zu Hause mitbringt.
Den Morgen kann ich ruhig angehen lassen, da der Unterricht wegen der goldenen
Woche ausfällt. Die goldene Woche ist eine Anhäufung von staatlichen Feiertagen
bei zuverlälssig gutem Wetter. So muss sich der Japaner nur 2 Tage frei nehmen
und hat mit etwas Glück 10 Tage am Stück frei. Auch öffentlich Einrichtungen und
Verwaltungsorgane schließen in dieser Zeit. Zunächst ist da der Showa Tag am 29.
April, der zum Gedenken an Kaiser Hirohito (1901-1989) ist. Am 3. Mai ist 30.
Verfassungstag. Damit wird an das in Kraft treten der Japanischen Verfassung am
3. Mai 1947 erinnert. Der 4. Mai ist der Tag des Grüns. An diesem Tag gewähren
viele Parkanlagen freien Einritt und es gibt Veranstaltungen zu Umwelt- und
Naturschutz. Zu guter Letzt ist da noch das Knabenfest, bzw. der Tag der Kinder,
am 5. Mai. An diesem Tag werden die Kinder gefeiert und Familien stellen
Bambusmasten mit Koi-Fisch Fahnen neben den Häusern auf. Die goldene Woche ist
eine der hektischsten Wochen in ganz Japan, weil sehr viele Japaner auf Reisen
gehen, sowohl im In- als auch im Ausland. Ich werde versuchen mich am Freitag
und Samstag nach Tokyo durchzuschlagen, mich etwas in der Stadt umsehen und am
Abend mit Falk (den ich beim Auswahlgespräch des Deutschen Akademitschen
Austauschdienstes kennen gelernt habe) etwas trinken gehen.
Den Vormittag hab ich heute damit verbracht Vokabeln zu lernen. Nichts
besonderes. Um halb 12 treffe ich mich mit Minatsu und Chun Kwang im
Gemeinschaftsraum. Wie im gesterigen Eintrag schon angekündigt, machen wir heute
Takoyaki. Takoyaki das ist Tintenfish (たこ, zu deutsch tako) der in kleinen
Teigbällchen versenkt und gebacken wird. Der Teig ist ähnlich dem von
Pfannkuchen. Mehl, Wasser und Eier. Wir geben noch Frühlingszwiebel und Salat in
Teig. Ich schneide Würstchen und Tintenfisch in kleine Stücke. Ich muss ja
zugeben, dass ich mich leicht vor den Saugnäpfen geekelt habe und den
Tintenfisch nicht so richtig anfassen wollte :D Nach der Hälfte hatte ich mich
aber dran gewöhnt.